Mittwoch, 17. Oktober 2007
Deutscher Sondermannweg
Am letzten Samstag (13.10.2007) wurde auf der Frankfurter Buchmesse bekanntlich der Comic-Preis "Sondermann" vergeben.

Wozu ich mir Folgendes nicht verkneifen kann: Um einen "Sondermann" abzuräumen, muss man wohl entweder populär oder lustig sein – wie in der Schule, wenn man nicht ständig verkloppt werden will.

Abgesehen von zwei reinen Jury-Auszeichnungen werden beim "Sondermann" ja fünf Publikumspreise vergeben. Dabei darf die Comic-Gemeinde unter je drei Top-Sellern in fünf Kategorien wählen. Durch dieses Abstimmungsverfahren kommt es zu interessanten Verwerfungen im Raum-Zeit-Gefüge: Die Auszeichnung von Reinhard Kleists Biografie "Cash – I See a Darkness" in der Kategorie "Comic – Eigenpublikation (national)" ist ja durchaus auf der Höhe der Zeit, aber: "Calvin & Hobbes" als bester "Comic – International"?!

Das soll ein Scherz sein, oder? Kurt Felix, tritt hervor!

Hey, bitte kein faules Obst mailen: Ich habe hier selbst die US-Gesamtausgabe von "C & H" stehen. Trotzdem: Bill Watterson hat 1995 den letzten "Calvin"-Strip gezeichnet – hängen wir wirklich so weit hinter der internationalen Entwicklung hinterher? Wohlgemerkt: Ich kritisiere hier nicht Fans, die für diesen Klassiker gestimmt haben, sondern nur das Nominierungsverfahren.

Auch die Jury-Auszeichnung des Titanic-Zeichnerduos "Rattelschneck" (= Marcus Weimer und Olav Westphalen) mit dem "Bernd Pfarr Sonderpreis für komische Kunst" kam zwar verdient, aber auch etwas spät.

Überraschend weit vorne finde ich allerdings, dass die Jury Dirk Schwieger als besten Newcomer ehrte: Sein Buch "Moresukine" erscheint just dieser Tage bei Reprodukt. Online begann Schwieger dieses gezeichnete Tokyo-Tagebuch aber schon im Januar 2006 und beendete es im Juli 2006. Seine intelligenten Beobachtungen und coolen Layout-Experimente kann man (auf Englisch) allerdings nach wie vor im Netz finden.

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