Samstag, 13. Dezember 2008
Das Fernsehen erzählt Märchen...
neurokomiker, 16:19h
…und ausnahmsweise begrüße ich das.
Die Nachricht ist nicht mehr ganz frisch, aber da sie, so weit ich sehe, noch keine deutsche Site gebracht hat, mach ich das jetzt einfach mal:
Bereits am Montag meldete der "Hollywood Reporter", dass Bill Willinghams Comic-Serie "Fables"(Vertigo/DC) für den Bildschirm adaptiert werden soll – wieder einmal.
Denn schon 2005 plante man bei Warner für den US-Sender NBC eine Fernsehadaption des Comics über Märchenfiguren, die vor einem übermächtigen Feind nach Manhattan geflohen sind. Das Projekt zerschlug sich jedoch rasch.
Nun arbeiten die Autoren Stu Zicherman and Raven Metzner am Drehbuch eines Pilotfilms für ABC. Laut Willingham liegt dem Verlag bereits ein halbwegs gelungener Entwurf vor, dem Szenaristen selbst allerdings noch nicht. Dass die Fernseh-"Fables" jetzt eine zweite Chance bekommen, erfuhr er aus der Presse – not classy, folks!
Zicherman und Metzners letzte Serie "Six Degrees" wurde in Amerika wegen mieser Quoten schnell beerdigt – sicher kein gutes Omen, andererseits sagt das nichts über die Qualität der Serie aus. Was mir allerdings wirklich Sorge bereitet: Dasselbe Duo hat maßgeblich am Drehbuch von "Elektra" mitgeschrieben – einer der schlechtesten Comic-Verfilmungen aller Zeiten.
Wie Zicherman und Metzner andeuten, folgt der erste Handlungsbogen der TV-Version der Krimihandlung des ersten Bandes, "Legends in Exile". Damals stand in der Serie noch die Romantic Comedy zwischen Snow White und Bigby Wolf im Vordergrund, gleichzeitig spielt die Geschichte hauptsächlich in Manhattan und nicht wie in späteren Bänden in den von magischen Wesen nur so wimmelnden "Homelands". Vielleicht bleibt man der frühen Konstellation ja in der TV-Version etwas länger treu als im Comic. Warum auch nicht? Sie war amüsant genug.
Billig dürfte die Produktion dennoch nicht werden. "Fables"-Vater Bill Willingham warnt Fans in einem Newsarama-Interview bereits, ihre Hoffnungen nicht zu hoch zu schrauben: "It takes a thousand stages to greenlight a production, and any one of them can bring the process to a screeching halt."
Samstag, 27. Oktober 2007
Moebius' Bande
Zur Doku "Moebius Redux" (Arte, 27.10. um 23:25 Uhr)
Zur Doku "Moebius Redux" (Arte, 27.10. um 23:25 Uhr)
neurokomiker, 03:44h
So, liebe "Sexy Sport Clips"-Gucker, ihr verkneift Euch jetzt bitte Witze über den deutsch-französischen Kulturkanal. Ich für mein Teil sehe meine TV-Gebühren bei Arte nämlich ausnahmsweise mal gut angelegt und möchte hier deshalb auf den letzten Drücker noch einen ganz wichtigen Fernsehtipp loswerden:
Heute um 23.25 Uhr zeigt Arte die coole Doku "Moebius Redux – Ein Leben in Bildern", die ich mir anderweitig bereits zu Gemüte führen durfte.
Noch einmal hergehört, "Sexy Sport Clips"-Gucker, ich erkläre das kurz: Monsieur Moebius, der eigentlich Jean Giraud (* 1938) heißt, hat mit Science-Fiction-Stories wie "Arzach", "Le Garage hermétique" und "John Difool" das Comic-Medium sowie das Filmdesign revolutioniert, aber netterweise mit "Blueberry" auch noch die beste Western-Comic-Serie aller Zeiten gezeichnet.
Der Doku-Regisseur Hasko Baumann schubst in "Moebius Redux" außer dem gut gelaunten Meister lui-même jede Menge Prominenz vor die Kamera: unter anderem Weggefährten wie Philippe Druillet und Enki Bilal, den Schweizer Gruselwuseldesigner H. R. Giger (der mit Moebius an "Alien" arbeitete), den unvermeidlichen Marvel-Papst Stan Lee oder die jüngeren US-Zeichner und Moebius-Fans Mike Mignola ("Hellboy") und Jim Lee ("Batman: Hush"). Überrascht war ich von einem erstaunlich lässigen Auftritt des "John Difool"-Autors Alejandro Jodorowsky, der in Interviews sonst schon gern mal das größenwahnsinnige Künstlergenie gibt.
Für Comics- und Popkultur-Freunde ist die Doku also ein absolutes Schmankerl, zwei kleine Kritikpunkte hätte ich dennoch:
Erstens erfährt man zwar allerlei über Moebius' Leben (einschließlich seiner Zeit in einer New-Age-Sekte), über seine Ideen und die Rezeption seines Oeuvres, über den Akt des Zeichnens aber hört man relativ wenig. Das ist schade, zumal Moebius' Fähigkeit, spontan und ohne Referenzmaterial Comic-Panoramen zu zeichnen, selbst unter Profis als geradezu übernatürlich gilt.
Zweitens fehlen mir die distanzierten Urteile von Kunsttheoretikern, Popjournalisten und Comic-Historikern. Natürlich ist es toll, dass hier so viele Comic-Künstler selbst zu Wort kommen, Interviews mit externen Experten hätten das gute Porträt jedoch abgerundet.
Heute um 23.25 Uhr zeigt Arte die coole Doku "Moebius Redux – Ein Leben in Bildern", die ich mir anderweitig bereits zu Gemüte führen durfte.
Noch einmal hergehört, "Sexy Sport Clips"-Gucker, ich erkläre das kurz: Monsieur Moebius, der eigentlich Jean Giraud (* 1938) heißt, hat mit Science-Fiction-Stories wie "Arzach", "Le Garage hermétique" und "John Difool" das Comic-Medium sowie das Filmdesign revolutioniert, aber netterweise mit "Blueberry" auch noch die beste Western-Comic-Serie aller Zeiten gezeichnet.
Der Doku-Regisseur Hasko Baumann schubst in "Moebius Redux" außer dem gut gelaunten Meister lui-même jede Menge Prominenz vor die Kamera: unter anderem Weggefährten wie Philippe Druillet und Enki Bilal, den Schweizer Gruselwuseldesigner H. R. Giger (der mit Moebius an "Alien" arbeitete), den unvermeidlichen Marvel-Papst Stan Lee oder die jüngeren US-Zeichner und Moebius-Fans Mike Mignola ("Hellboy") und Jim Lee ("Batman: Hush"). Überrascht war ich von einem erstaunlich lässigen Auftritt des "John Difool"-Autors Alejandro Jodorowsky, der in Interviews sonst schon gern mal das größenwahnsinnige Künstlergenie gibt.
Für Comics- und Popkultur-Freunde ist die Doku also ein absolutes Schmankerl, zwei kleine Kritikpunkte hätte ich dennoch:
Erstens erfährt man zwar allerlei über Moebius' Leben (einschließlich seiner Zeit in einer New-Age-Sekte), über seine Ideen und die Rezeption seines Oeuvres, über den Akt des Zeichnens aber hört man relativ wenig. Das ist schade, zumal Moebius' Fähigkeit, spontan und ohne Referenzmaterial Comic-Panoramen zu zeichnen, selbst unter Profis als geradezu übernatürlich gilt.
Zweitens fehlen mir die distanzierten Urteile von Kunsttheoretikern, Popjournalisten und Comic-Historikern. Natürlich ist es toll, dass hier so viele Comic-Künstler selbst zu Wort kommen, Interviews mit externen Experten hätten das gute Porträt jedoch abgerundet.
Samstag, 18. August 2007
Die Liga der öffentlich-rechtlichen Kulturkenner
neurokomiker, 19:44h
Bevor wir uns hier falsch verstehen: Natürlich gibt es im deutschen Fernsehen schlimmere Veranstaltungen als die altehrwürdige ZDF-Kultursendung "aspekte". Aber soll man sich denn ernsthaft über Volksmusik, Pseudopromi-Dokusoaps oder Sonja Zietlow echauffieren? Eben.
Das Problem mit "aspekte" ist, dass die Macher es als populäres Magazin über komplexe Kulturthemen verstanden wissen möchten, diesem Anspruch aber zu selten gerecht werden. Mit einer Mischung aus Höhere-Töchter-Snobismus und gekünstelter Lockerheit wird dem Zuschauer dort Kultur in Form von Tipps und Schlaglichtern präsentiert. Wer sich auf dem jeweiligen Terrain aber ein bisschen auskennt, merkt schnell, dass die Autoren der Beiträge mitunter herzlich wenig Ahnung vom Thema haben.
Ein gutes Beispiel ist Achim Zeilmanns gestriger Beitrag (17. August 2007) über Robert Löhrs neuen Roman "Das Erlkönig-Manöver". Löhr hatte zuvor mit "Der Schachautomat" einen bei Publikum wie Kritikern erfolgreichen historischen Roman über den angeblichen Schachroboter von Wolfgang von Kempelen veröffentlicht. Im "Erlkönig-Manöver" schickt er nun Goethe, Schiller, Alexander von Humboldt, Bettina von Arnim (das Fünf-Mark-Schein-Schnuckelchen) und eine Handvoll weiterer deutscher Dichter und Denker auf eine geheime Mission: Die Geistesgrößen sollen Napoleon stürzen.
Jeder Comic- oder Kino-Freund hat jetzt bestimmt schon dreimal "Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen!" gerufen: 1999 von Alan Moore als Comic-Serie erdacht, 2003 von Stephen Norrington schlecht verfilmt. Für Nichteingeweihte, z. B. "aspekte"-Mitarbeiter, hier noch mal kurz die Story: Allan Quatermain, Kapitän Nemo, Dr. Jekyll, Mina Harker (aus "Dracula") und weitere Charaktere der Unterhaltungsliteratur müssen das britische Empire retten.
Von fiktiven Figuren der viktorianischen Ära ist es nur ein kleiner Schritt zu realen Größen der deutschen Klassik und Romantik. Aber, hey, das Konzept von Löhrs Roman klingt trotzdem witzig und spannend. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn man beim ZDF in einem Nebensatz auf die geistige Nähe zu Moores Comic hingewiesen hätte. Zumal Löhr im Interview sogar darauf anspielt: "Vor allen Dingen hat das noch keiner gemacht: derart respektlos mit diesen Biografien umzuspringen und sie in dieser Liga der außergewöhnlichen Klassiker zusammenzufassen".
Beim ZDF hat man jedoch offenbar weder von Comic noch Film gehört. Da verwundert es dann erst recht nicht, dass niemand Herrn Löhr darauf hinweist, dass er auch in Deutschland längst einen Vorgänger hat: Der Autor Kai Meyer ließ die Brüder Grimm bereits 1995 und 1997 in seinen Horror-Krimis "Der Geisterseher" und "Die Winterprinzessin" als Detektive ermitteln.
Übrigens: Auf der – durchaus gut designten – "aspekte"-Website gibt es den Beitrag als Text und Video.
Das Problem mit "aspekte" ist, dass die Macher es als populäres Magazin über komplexe Kulturthemen verstanden wissen möchten, diesem Anspruch aber zu selten gerecht werden. Mit einer Mischung aus Höhere-Töchter-Snobismus und gekünstelter Lockerheit wird dem Zuschauer dort Kultur in Form von Tipps und Schlaglichtern präsentiert. Wer sich auf dem jeweiligen Terrain aber ein bisschen auskennt, merkt schnell, dass die Autoren der Beiträge mitunter herzlich wenig Ahnung vom Thema haben.
Ein gutes Beispiel ist Achim Zeilmanns gestriger Beitrag (17. August 2007) über Robert Löhrs neuen Roman "Das Erlkönig-Manöver". Löhr hatte zuvor mit "Der Schachautomat" einen bei Publikum wie Kritikern erfolgreichen historischen Roman über den angeblichen Schachroboter von Wolfgang von Kempelen veröffentlicht. Im "Erlkönig-Manöver" schickt er nun Goethe, Schiller, Alexander von Humboldt, Bettina von Arnim (das Fünf-Mark-Schein-Schnuckelchen) und eine Handvoll weiterer deutscher Dichter und Denker auf eine geheime Mission: Die Geistesgrößen sollen Napoleon stürzen.
Jeder Comic- oder Kino-Freund hat jetzt bestimmt schon dreimal "Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen!" gerufen: 1999 von Alan Moore als Comic-Serie erdacht, 2003 von Stephen Norrington schlecht verfilmt. Für Nichteingeweihte, z. B. "aspekte"-Mitarbeiter, hier noch mal kurz die Story: Allan Quatermain, Kapitän Nemo, Dr. Jekyll, Mina Harker (aus "Dracula") und weitere Charaktere der Unterhaltungsliteratur müssen das britische Empire retten.
Von fiktiven Figuren der viktorianischen Ära ist es nur ein kleiner Schritt zu realen Größen der deutschen Klassik und Romantik. Aber, hey, das Konzept von Löhrs Roman klingt trotzdem witzig und spannend. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn man beim ZDF in einem Nebensatz auf die geistige Nähe zu Moores Comic hingewiesen hätte. Zumal Löhr im Interview sogar darauf anspielt: "Vor allen Dingen hat das noch keiner gemacht: derart respektlos mit diesen Biografien umzuspringen und sie in dieser Liga der außergewöhnlichen Klassiker zusammenzufassen".
Beim ZDF hat man jedoch offenbar weder von Comic noch Film gehört. Da verwundert es dann erst recht nicht, dass niemand Herrn Löhr darauf hinweist, dass er auch in Deutschland längst einen Vorgänger hat: Der Autor Kai Meyer ließ die Brüder Grimm bereits 1995 und 1997 in seinen Horror-Krimis "Der Geisterseher" und "Die Winterprinzessin" als Detektive ermitteln.
Übrigens: Auf der – durchaus gut designten – "aspekte"-Website gibt es den Beitrag als Text und Video.