Donnerstag, 31. Juli 2008
Was ich diesen Monat aus Comics gelernt habe
(Juli 2008)
  1. Wenn man japanischen wilden Rettich sorgfältig schält, schmeckt er fast süß. Schlecht geschälter wilder Rettich schmeckt bitter.
    Azuma: Der Ausreißer, Shodoku/Schreiber & Leser 2007

  2. Angelsächsische Kinderbuchklassiker wie Roald Dahls "James und der Riesenpfirsich" können einer erregenden sexuellen Interpretation unterzogen werden.
    Bechdel: Fun Home. A Family Tragicomic, Houghton Mifflin 2006

  3. Bei der Mund-zu-Mund-Beatmung einer Rennmaus mit Herzstillstand empfiehlt es sich, nicht zu stark zu pusten.
    Oliver, Moore u. a.: The Exterminators [3]: Lies of Our Fathers, Vertigo/DC 2007

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Samstag, 19. Juli 2008
Ein guter Trailer und 300 Probleme


Der "Watchmen"-Trailer
(in besserer Qualität hier, in HD hier)


Vor einiger Zeit gelang den US-Satireprofis von "The Onion", ihres Zeichens Spezialisten für getürkte Nachrichten, ein kleines Meisterwerk: Auf der Website ihres Fake-Fernsehsenders "Onion News Network" verbreiteten sie die Meldung, Fans des beliebten "Iron Man"-Trailers seien besorgt, weil Hollywood aus dem Trailer angeblich einen ganzen Film machen wollte.

Diese genial verdrehte Online-Ente spukte mir gestern Abend fortwährend im Hinterkopf herum, als ich mir fünf- oder sechsmal den frischen "Watchmen"-Trailer reinpfiff – und sie verdarb mir fast den Spaß. Wie gesagt: "fast", denn Spaß hatte ich durchaus. Der Trailer zu Zack Snyders Comic-Verfilmung gefiel mir mit jedem Mal besser, weil ich immer mehr Bekanntes wiederfand (die panische Reinigungskraft bei Doctor Manhattans Wiedergeburt, das Attentat auf Ozymandias, Rorschachs Besuch in Molochs Küche – wenn auch leider ohne die herrlich bekloppte Kühlschrankszene) oder Neues entdeckte (Oooh, Mama, Silk Spectre sure looks NICE! Eine meiner Lieblingszenen, der erste Kuss von Frau Spectre und Herrn Manhattan, ist auch drin. Erinnert Ihr Euch? "After each long kiss, she plants a smaller, gentler one upon my lips, like a signature.").

Aber zurück zur "Onion"-Ente. Okay, ich mag den Trailer. Aber werde ich auch die geplante abendfüllende Version mögen? Immerhin war ich letztes Jahr auch vom Trailer zu "300" hin und weg, Zack Snyders Adaption von Frank Millers... öhm... Historien-Comic. Da mir 2004 Snyders Remake des Romero-Klassikers "Dawn of the Dead" sehr gefallen hatte, marschierte ich also mit großen Erwartungen ins Kino. Was für eine Enttäuschung! Sicher, Snyder hatte die Farbgebung von Millers Ex-Gattin Lynn Varley brillant übertragen und auch viele Einstellungen exakt aus dem Comic übernommen. Leider lieferte er aber eine reichlich törichte Interpretation ab.

Millers "300" ist, passend zur Heimat der Protagonisten, spartanisch und lakonisch erzählt ("From dear Laconia -- from sacred Sparta -- we march."). Snyders "300" dagegen ist alles andere: Der Regisseur schwelgt optisch in hollywoodesker Opulenz und fügt Millers Story diverse monströse Kreaturen und eine dümmliche Sandalen-Intrige um Königin Gorgo hinzu. Ich will gar nicht erst davon anfangen, dass mehrere dramaturgische und geradezu "filmische" Kniffe des Comics nicht im Film auftauchen. (Bevor wir uns falsch verstehen: Ich bin kein bedingungsloser Miller-Fan. Den Trailer zu seinem 2009 anlaufenden "Spirit"-Film finde ich z. B. nur ärgerlich.)

Anders als bei "300" müssen Snyder und sein Team bei "Watchmen" keine kurze Story aufblasen, sondern eine gigantische eindampfen. Bereits im Trailer weicht Snyder diesmal von der Optik der Vorlage ab: neue Kostüme, keine grellen Farben. Genau das weckt Hoffnung. Snyder verkauft seinen Film diesmal von vornherein nicht einfach als Adaption, sondern vor allem als Interpretation der Graphic Novel. Das ist ehrlich und gescheit. Der Comic von Alan Moore und Dave Gibbons ist ein kaum wiederholbares Vexierspiel. So wie sich in der Maske des Superhelden Rorschach Schwarz und Weiß zu immer neuen Formen fügen, fließen in der Geschichte Realität und Fiktion, Gut und Böse, Hoch- und Trivialkultur in- und auseinander. Die Struktur der Erzählung und ihrer Panels folgt derweil dem Spiegelprinzip von Rorschach-Bildern.

Nur der illegitime Klon-Sohn von Peter Greenaway und James Cameron hätte eine reelle Chance, eine wahres Film-Gegenstück zu diesem Konstrukt zu erschaffen. Aber wenn es Snyder gelänge, auch nur eine Andeutung dieses komplexen Spiels in den Film zu übertragen und dabei immer noch einen spannenden Superhelden-Krimi zu erzählen, dann wäre ich schon begeistert.

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Freitag, 18. Juli 2008
Zu früh kommen kann auch schön sein
oder: Der "Watchmen"-Trailer ist online!

Eigentlich sollte der "Watchmen"-Trailer ja erst ab morgen früh auf der Website des hier erst im letzten Beitrag angepriesenen UK-Filmblatts "Empire" zu sehen sein und ein paar Stunden später dann in den US-Kinos vor dem neuen "Batman".

Weil die Londoner wohl zu aufgeregt waren (wir reden hier immerhin über die – schwitz! – Verfilmung des vielleicht besten Comics aller Zeiten), war der Trailer aber heute schon für ein paar Minuten im Netz. Aufmerksame Nerds bekamen das mit, griffen zu, und nun findet man den Anmacher z. B. bereits HIER.

Die YouTube-Version dagegen ist inzwischen wieder futsch.

Und: Ja, klar, ich weiß, dass dieser dufte Tipp hier morgen Schnee von gestern ist. Ist mir aber schnuppe.

Wie ich das Ding finde? Sag ich morgen.

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Montag, 14. Juli 2008
The "Empire" Looks Back

Die britische Filmzeitschrift "Empire" (für mich das beste internationale Mainstream-Filmblatt) hat für ihre Website eine schick illustrierte Hitliste der "50 Greatest Comic Book Characters" erstellt. Weil in der Redaktion erwiesenermaßen einige echte Comic-Freaks arbeiten, lohnt es sich, die wohlformulierten Begründungen der Jury sowie ihre Hintergrund-Infos zu Figuren und (etwaigen) Verfilmungen zu lesen.

Natürlich wird fast jeder seine persönlichen Lieblinge vermissen. Wo, bitteschön, sind Arzach, der Spirit, King Mob, Smax, Mitchell Hundred, Sam & Twitch, Mr. Hyde (na klar, die Alan-Moore-Version) und der Goon? Umgekehrt hatte ich von Platz 45, 40 und 27 noch nie gehört.

Die höheren Ränge sind extrem superheldenlastig (okay, es hieß ja auch nicht "The 50 Coolest Comic Book Characters"). Comic-Alben vom Kontinent sind durch gerade mal zwei Nasen vertreten, Manga-Kulleraugen blinzeln gar nur einmal aus der Liste. Dass sich dort allerdings jede Menge very britische Figuren tummeln, ist schon wieder charmant. Auch die Indie-Außenseiter sind intelligent ausgewählt.

Epilog für Erbsenzähler: Echt ein bisschen dusselig sind allerdings die Abstimm-Buttons. Zwar kann man für eine höhere oder tiefere Platzierung jeder Figur stimmen, allerdings wird bei der Auswertung offenbar einfach einer der beiden Werte von 100 abgezogen. So kommt wohl auch das bizarre Ergebnis für den Strahlemann auf Platz 1 zustande. Oder wollen den einige Schlauberger wirklich noch höher eingestuft sehen?

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Montag, 7. Juli 2008
Jetzt noch stranger
Terry Moores neue Serie "Echo"


Julie Martin kommt vom Metallregen in die Traufe.
Aus: "Echo No. 2"

(© 2008 Terry Moore)


Offen gesagt: Ich war mäßig begeistert, als der Comic-Händler meines Vertrauens mir vor einigen Monaten Terry Moores "Echo" ans Herz legte. "Echo" ist der Nachfolger von "Strangers in Paradise", jener mehrfach ausgezeicheten Schwarzweiß-Serie über die ungleichen Freundinnen Francine und Katchoo, die der Texaner Moore 14 Jahre lang geschrieben und gezeichnet hat.

Ende der 90er galt Moores Projekt als Prototyp des intelligenten Comics für die Frau und den aufgeklärten Mann. Nun, dieser aufgeklärte Mann hier hatte es damals gerade mit den etwas doofen, aber irgendwie auch ganz charmanten Babe-Serien "Danger Girl" und "Gen 13" (an letzterer schrieb Moore übrigens 1997 mit). Also setzte ich "Strangers in Paradise" seinerzeit auf meine Liste der "Comic-Klassiker, die ich noch lesen muss". Und das war's dann erst mal.

Inzwischen denke ich allerdings, ich sollte "Strangers" schleunigst nachholen. Denn Moores neues Baby "Echo" macht trotz einiger Macken bislang so viel Laune, dass ich dem klassischen Vorgänger gern eine zweite Chance gebe.

[Weiterlesen?]

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