Mittwoch, 30. Mai 2007
Der Herr der "Sprechblase" schweigt
Zum Tod von Norbert Hethke
Ach, ich krieg' ja manchmal auch rein gar nichts mit: Wie ich erst gestern aus der FAZ erfuhr, verstarb bereits am 13. April 2007 der deutsche Comic-Verleger Norbert Hethke mit 63 Jahren in Schönau im Odenwald.

Zugegeben, ich hab mich nie näher mit Hethkes Programm auseinandergesetzt; er liebte offenkundig andere Comics als ich. Ich werde mich hier also nicht prätentiös und stark verspätet an einer ausführlichen Würdigung versuchen.

Dennoch war Norbert Hethke viel zu wichtig für die deutsche Szene, als dass man nach Jahrzehnten der Comic-Lektüre keine Meinung zu ihm haben könnte.

Einerseits stellte Norbert Hethke für mich stets die deutsche Symbolfigur der Comic-Nostalgie dar. Obwohl er zeitweilig auch die Marvel-Version von "Conan" oder die DC-Superhelden "Superman" und "Batman" verlegte, wird er wohl vor allem wegen seiner Nachdrucke und Fortführungen der 50er-Jahre-Comics von Hansrudi Wäscher in Erinnerung bleiben, auch als Herausgeber des langlebigsten deutschen Comic-Fachmagazins, "Die Sprechblase" (vormals: "Comic Börse"), und des für Sammler unentbehrlichen "Allgemeinen Deutschen Comic-Preiskatalogs". All das richtete sich eher an jene, die an der bundesrepublikanischen Vergangenheit denn an der internationalen Zukunft der Comics interessiert waren – not that there's anything wrong with it! Wer aber eher mit "Asterix" als mit "Sigurd" groß geworden ist und stets gespannt auf Innovation wartete, dem dürfte der Name Hethke bei der Comic-Lektüre eher selten begegnet sein. Nun, so war's jedenfalls bei mir.

Anderseits sollte wohl jeder deutsche Comic-Leser und Comic-Schaffende Norbert Hethke Respekt zollen, denn Hethke lebte seinen Traum, und sein Traum hieß "Comics". Dass diese Comics wenig mit meinem Gusto und vermutlich dem vieler anderer Leser unter 40 zu tun haben, ist völlig egal. Bei Hethke gab es keine "hidden agenda", keine politische oder religiöse Mission, sondern nur den Spaß an den Geschichen von "damals". Als Verleger bewies Hethke eine im deutschsprachigen Raum beispiellose Leidenschaft und Ausdauer.

Man mag also darüber lächeln, was Norbert Hethke verlegt hat. Aber man sollte den Hut davor ziehen , wie er es verlegt hat.

 Story-Link





Dienstag, 22. Mai 2007
Bon anniversaire, Hergé!


Der "Tim & Struppi"-Schöpfer Georges Remi alias Hergé (1907–1983) wäre heute hundert geworden.

Natürlich fällt mir kein anständiger posthumer Geburtstagsgruß ein, nur der oben abgebildete Quatsch.

Steven Spielberg und Peter Jackson sind da schon viel witziger. Die beiden planen gerade drei "Tim"-Adaptionen, Computertrickfilme im "Performance Capture"-Verfahren. Das heißt: Bewegungen und Mimik echter Darsteller werden relativ exakt auf digitale Charaktere übertragen. (Der erste "Performance Capture"-Film war meines Wissens der Weihnachtskitsch "Der Polarexpress" von 2004).

Und jetzt kommt's: Jackson, der das Verfahren 2005 in "King Kong" anwandte, gab letzte Woche im Filmbranchenblatt "Variety" bekannt, wie er sich den Look der Figuren vorstelle: "(...) we're making them look photorealistic; the fibers of their clothing, the pores of their skin and each individual hair. They look exactly like real people ---but real Herge people!"

Hunderttausend Höllenhunde, und ich Dummi dachte immer, Hergés Stil, die ligne claire, zeichne sich u. a. dadurch aus, dass stark stilisierte Figuren vor realistischen Hintergründen agierten!

Aber ich will mich hier nicht künstlich echauffieren. Denn, ehrlich gesagt, den 20-minütigen Kurzfilm, den Jackson bereits als Test fabriziert hat, würd ich ja schon gern mal sehen.

Also:

Alles Gute zum Geburtstag, Monsieur Remi.

Nachträglich, gewissermaßen.

 Story-Link





Dienstag, 15. Mai 2007
Mutanten-Musical
Warum "Spider-Man 3" gar nicht so schlecht ist
Okay, ich geb's zu: Ich habe mich bei "Spider-Man 3" blendend amüsiert. Damit gehöre ich zu einer Minderheit (hey, das wollte ich schon immer mal ausprobieren!), denn Sam Raimis Film schlägt in Internet und Presse mehr Feindseligkeit entgegen als dem nun wirklich misslungenen "X-Men – Der letzte Widerstand". Das wurmt mich, denn trotz seines Riesenbudgets (angeblich 258 Mio. Dollar) ist "Spider-Man" immer noch weit von herzlosem Kommerz entfernt. Deshalb gestatte man mir, auch wenn seit dem deutschen Kinostart schon 15 Tage verstrichen sind, ein kleines Plädoyer. [...]

[Weiterlesen?]

 Story-Link





Samstag, 5. Mai 2007
Keinkunst-Milieu
Zur Neuauflage von "Kunsttheorie versus Frau Goldgruber"

Wie der junge "Nicki" Mahler zu seiner Theaterphobie kam.
Aus: "Kunsttheorie versus Frau Goldgruber".

(© 2007 Reprodukt / © 2003 Edition Selene)


Im Herbst 1998 versuchte ich auf einer Bahnfahrt von Köln nach Hannover einen der "Herr Hase"-Comics von Lewis Trondheim zu lesen, gab aber nach zehn, fünfzehn Seiten auf. Nicht etwa, weil der Band schlecht gewesen wäre. Im Gegenteil: Ich musste ständig kichern und spürte nach einer Weile, dass die Umsitzenden nervös zuckten, weil sie mich möglicherweise für einen entlaufenen Geistesgestörten hielten.

Diese Erfahrung teile ich wohl mit so manchem Comic-Freund: Christian Gasser zumindest, Pop-Journalist und Mit-Herausgeber des Schweizer Comic-Magazins "Strapazin", schildert im Nachwort zur Neuauflage von "Kunsttheorie versus Frau Goldgruber" jetzt Ähnliches. Ein schöner Zufall, denn seit besagter Herr Trondheim 1995 sein Meisterwerk "Approximate Continuum Comics" veröffentlichte, bot kein autobiographischer Comic so niveauvollen und zugleich frechen Humor wie Nicolas Mahlers "Kunsttheorie“.

Mahlers Buch erschien bereits 2003 in der Wiener Edition Selene, ursprünglich als Katalog einer Ausstellung. Im April 2007 hat der Berliner Verlag Reprodukt nun die Zweitauflage herausgebracht, für die Mahler eine kurze Fortsetzung gezeichnet hat.

In zwölf Kapiteln, einem Pro- und einem Epilog erzählt der 1969 in Wien geborene Mahler aus seinem Leben. Er plaudert über seine kindlichen Versuche als Autogrammfälscher, die Atelier- und Kneipenfreundschaft mit dem Kollegen Neuwinger, seine Nebenjobs als Videothekar oder Comic-Zeichenlehrer, die Trick-Verfilmung seines Strips Flaschko, der Mann in der Heizdecke" oder die Adaptierung seiner absurden Angestellten-Ballade "Kratochvil" als Puppentheaterstück. Dabei springt er fröhlich zwischen den Zeiten hin- und her und erregt sich mitunter auch kapitellang über Kunstszene, Werbung oder Comic-Conventions. Grundthema ist die Frage "Sind Comics Kunst?", aufgeworfen von der titelgebenden Frau Goldgruber, einer schwierigen, aber keineswegs bösmeinenden Wiener Finanzbeamtin. [...]

[Weiterlesen?]

 Story-Link





Sonntag, 29. April 2007
Tolle-Geschichten

Auf der Flucht vor der deutschen Polizei, kommt
Reporter Tim zu seiner markanten Frisur.
Aus: "Tim im Lande der Sowjets" (1929)

(Art © Hergé/Moulinsart. Translation © Carlsen Verlag)


Knopfaugen, Comic-Krawatte, Hosenbund hoch überm Bäuchlein: Hätte mir jemand erzählt, Michael Farr wäre nicht nur "Tim & Struppi"-Experte, sondern zudem Spezialist für "Mecki", ich hätte es bei Farrs Lesung am Freitagabend glatt geglaubt. Der britische Journalist, Jahrgang 1953, ist neben Benoît Peeters wohl der bekannteste Tintinologe: Er erforscht Entstehung und Hintergründe der Comic-Serie "Tim & Struppi" (im Original: "Les aventures de Tintin") und die Biographie ihres Schöpfers Georges Remi alias "Hergé" (1907–1983). Sein Buch "Auf den Spuren von Tim & Struppi" ist bereits im Dezember 2006 im Hamburger Carlsen-Verlag erschienen, der ja seit 1967 auch die "Tim"-Alben herausgibt.

Anlässlich des bevorstehenden hundertsten Geburtstags von Hergé am 22. Mai hielt Farr am Freitag, 27. April 2007, im Foyer des Carlsen-Verlages einen Vortrag zum Buch. Dabei bescherte die schön altmodisch per Overhead-Projektor illuminierte Rede dem Publikum allerdings auch kuriose Erkenntnisse, die so nicht in dem schmucken Hardcover stehen. [...]

[Weiterlesen?]

 Story-Link