Heiliger Lachsack: Religionsunterricht à la Brad Neely
(© Brad Neely/Super Deluxe)
Okay, zuerst die kurze, heitere Version:
Vor wenigen Tagen stieß ich auf Umwegen (siehe "die lange, tragische Version") auf Brad Neelys atemberaubend komische Web-Trickfilmserie "The Professor Brothers":
Die US-Dozenten Frank und Steve (beide gesprochen von Neely) halten exzentrische Vorlesungen ("Bible History #1", "History Lesson #1"), betätigen sich karitativ im Strafvollzug ("Prisoner Christmas") und erleben amouröse Abenteuer nach Feierabend ("Late Date"). Neelys krude Animation macht die Filmchen sogar noch komischer.
Also: viel Spaß!
So. Nun die lange, tragische Version:
Ende Dezember mailte mir ein lieber Kollege einen Link zur einer Bestenliste des Online-Magazins "Nerve": die besten "Viral Videos" 2007.
In dieser Auswahl famoser bis infamer YouTube-Clips fand ich neben belanglosen "Skandal"-Szenen aus US-Talkshows viel Lustiges und Schönes, darunter eine sexy Liebeserklärung an Obama (Platz 18), eine subversive Gesangsdarbietung von Harry-Potter-Handpuppen (Platz 16), eine fröhlich mit ihren (bekleideten) Brüsten spielende Heidi Klum (Platz 8) und den bereits semi-berüchtigten Will-Ferrell-Kurzfilm "The Landlord" (Platz 1).
Am meisten begeistert hat mich aber Brad Neelys Zeichentrick- Musikvideo "George Washington" (Platz 15). Neely, Zeichner der "Creased Comics"-Webcartoons, Musiker und Animator, besingt darin den ersten US-Präsidenten:angeblich zwölf Stockwerke hoch und aus Kernkraft gemacht, Erfinder des Kokains und mit vier bis dreißig Dödeln ausgestattet (Neely scheint sich da nicht so sicher zu sein).
Wenige Tage später – ich hatte inzwischen im ganzen Büro für "dieses irre lustige Video" getrommelt – war das Ding nicht mehr da! Wer bei YouTube die Suchbegriffe "George Washington" und "Brad Neely" eingab, gelangte zu einem anderen, arg nüchternen Clip: Unterlegt mit Neelys "Washington"-Song, erschienen Texttafeln, die erklärten, warum man "George Washington" bei YouTube fürderhin nicht mehr finden würde.
Die dort referierte Geschichte ist freilich schon etwas älter, auch Neely hat sich dazu geäußert, bevor das Originalvideo gesperrt wurde:
Brad Neely hatte seinen "Washington"-Clip anno 2006 bei der Indie-Veranstaltung "Spike and Mike’s Twisted Film Festival" eingereicht und dafür ein Honorar von 250 Dollar erhalten. Bei der Unterzeichnung des Festivalvertrags übersah er jedoch das Kleingedruckte und übertrug die Rechte am künftigen Kult-Clip für das magere Entgelt komplett an die Veranstalter Craig "Spike" Decker und Mike Gribble.
Dazu Neely auf "chiefmag.com": "When I tried to fix the problem they would not talk to me. It’s my fault. I didn’t read what I signed. But God, nice guys, let me tell ya." Die netten Jungs bestanden dann Ende 2007 darauf, dass "George Washington" bittschön nicht mehr für lau auf "YouTube" laufen dürfe.
Wenige Tage später war dann selbst diese Online-Erklärung nicht mehr auf YouTube zu finden. An Neelys Geniestreich erinnert dort nur noch ein dilettantisches Filmchen, in dem betrunkene junge Menschen die schönsten Stellen aus Neelys "George Washington" und der bereits bereits erwähnten Bibelstunde der "Professor Brothers" vortragen.
Alles ziemlich traurig.
Immerhin: Durch den Internet-Rummel um "Washington" gelangte Neely zu seinem wesentlich besseren Deal mit der Internet-Spaßkeks-TV-Site "Superdeluxe.com", wo nun u. a. seine Professorenbrüder wertvolle Aufklärungsarbeit leisten.
Und nur so nebenbei: Wer bei einer alternativen Videoplattform wie "Poe TV" die Suchbegriffe "Brad Neely" und "George Washington" eintippt, der stößt auch immer noch ziemlich rasch auf Neelys Klassiker.
Bislang jedenfalls.